Gestern Abend las ich die Nachricht über Sinéad O‘Connor‘s Tod. Ich ahnte schon immer, dass sie nicht sehr alt werden würde. Meine zweite irische Musikheldin, die neben Dolores O´Riordan (The Cranberries) nun die Erde verlassen hat. Es berührt mich besonders, da sie fast am gleichen Tag wie ich Geburtstag hat. Ende der Achtziger kam ihr erstes Album heraus: the Lion and the Cobra. Schon der Titel vermittelt extrem widerstreitende Kräfte: Löwe und Schlange. Natürlich kaufte ich es und die Vinylplatte habe ich noch heute. Als ich zum ersten Mal ihre Stimme hörte, war ich wie elektrisiert. Ihre plötzlichen Tonhöhenwechsel waren wie Rufe aus einer andern Welt. Instinkthaft, fast wie Vogelschreie. Auch ihre Erscheinung war einmalig. Mit kahl geschorenem Kopf, ausdrucksstarkem Gesicht, ihrer drahtigen und zerbrechlich wirkenden Gestalt, stellte sie einen völlig neuen Frauentypus dar. Existentialistisch, androgyn, wie von einem anderen Planeten. Wenig später trug ich ebenso eine 3mm Frisur und versuchte meinen Platz in der Welt zu finden. Die Musikerin wirkte wütend und verletzlich zugleich. Sie schien auf der Bühne und im Leben ihren eigenen Kampf mit inneren Dämonen zu kämpfen. Missbrauch, Gewalterfahrung mit der Mutter, all das und ihren Schmerz schien sie förmlich herauszuschreien. Identitätssuchend, sich nach Liebe sehnend, irrte sie umher. Als Schütze Geborene suchte sie in Glaubensrichtungen ihren Halt. Die Öffentlichkeit hat hart über sie geurteilt. Sie war unbequem, unkonventionell, unberechenbar. Dennoch, mit einem innerlich lodernden Feuer, ist sie ihren eigenwilligen Weg gegangen. Der Tod ihres Sohnes letztes Jahr war vielleicht zu viel für sie. Gestern ist sie auf die andere Seite gegangen. Jetzt hat ihre Seele hoffentlich Frieden gefunden.